Fast vier Jahre Ruhe. Und dann aus dem nichts: Bääm!
Mir war etwas flau im Magen, leichte Übelkeit, mehr nicht. Und doch war mir recht schnell klar, dass ich wieder ins Krankenhaus muss. Als dann noch diese ganz bestimmte Müdigkeit eingesetzt hat, war alles glasklar.
Das war bei meinen vorherigen Darmverschlüssen zu jeder Zeit genauso (und das waren leider nicht gerade wenige).Es fühlt sich an, als würde der Körper sich zurückziehen wollen, um sich auf das vorbereiten zu können, was da noch kommt. Kennt ihr dieses Gefühl vielleicht selbst?
Super schwer zu beschreiben.
Ich sagte meinem Mann direkt Bescheid, was meine Befürchtung ist und wir warteten dieses Mal nicht darauf, bis das übergeben einsetzte, sondern fuhren direkt los. Mit Kind im Schlepptau. Die beiden haben mich am Krankenhaus dann quasi „rausgeschmissen“ und ich ging in die NA.
Ich betonte meine Vorgeschichte während der Schwangerschaft und dass mich der Chefarzt operiert hatte. Keine Ahnung ob das der Grund war, aber ich kam recht schnell dran, maximal eine Stunde Wartezeit, was für eine Notaufnahme ja nicht unbedingt lang ist.
Der Arzt nahm mich direkt zu 100% ernst und das war so ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Es lief so oft schon anders und einfach falsch. Ärzte, die mich nach Hause schicken wollten, obwohl ich Stuhl im Strahl gekotzt habe. Ärzte, die ich anflehen musste, dass sie mich aufnehmen.
Und diese Reise?
Mir wurde zugehört, ich wurde zu 100% ernst genommen. Ich wurde gesehen und gehört. Leider nicht selbstverständlich als chronisch kranker und/oder behinderter Mensch.
Ich kam dann nach einigen Untersuchungen auf die Station und irgendwie fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich fühlte mich gut aufgehoben und sicher.
Nachts fing ich an zu brechen. Ich kenne es ja bereits zu genüge. Es fühlt sich anders als normale Magen-Darm-Geschichten an, die meine Tochter aus der Kita mitbringt und von denen ich auch jedes Mal kotzen muss.
Das hier allerdings war tausendmal so schlimm. Einerseits natürlich das Stuhl erbrechen, was wirklich ganz, ganz furchtbar ist. Aber was es für mich noch schlimmer gemacht hat: Flashbacks. Ich wurde zurückgeschleudert.
Vier Jahre.
In die Schwangerschaft. Auf die ITS. Dass ich durchhalten musste, damit mein Mädchen überlebt. Dass ich diese Entscheidung dann an die Ärzte abgeben musste, weil mein Zustand immer kritischer wurde und ich sonst nicht überlebt hätte. Dass bis zum Zeitpunkt der OP niemand sagen konnte ob ich überlebe. Ob mein Kind überlebt.
Das war an einem Montag Mitte Juni.
Am Dienstag bekam ich eine Magensonde und was soll ich sagen: ich hasse die Teile. Sie sind furchtbar und ich kann sie kaum ertragen. Jedes Schlucken tut weh, sprechen, trinken. Alles ist unangenehm. Mehr als das sogar.
Das Legen der Sonde war eine furchtbare Sache. Der schlimmste Flashback, den ich jemals hatte. Der Arzt war kurz davor mit Beruhigungsmittel zu spritzen, weil ich so außer mir war. Ich bekam keine Luft, war in dieser Situation kaum anwesend. Doch dann kam ich in die Realität zurück. Ohne Beruhigungsmittel, dafür mit sehr vielen Tränen, nachdem der Arzt gegangen war.
Aber immerhin musste ich nicht mehr brechen.
Später ging’s zum CT, dort konnte man dann ganz sicher sehen, dass es ein Darmverschluss ist. Direkt am Stoma. Eine Aktivität des Crohns konnte ausgeschlossen werden. Zum Glück kein zusätzlicher Schub, sondern wieder ein „mechanisches“ Problem. Wie damals schon.
Vor vier Jahren.
Die Ärzte schlugen eine Dilatation vor. Also dass die betroffene Stelle gedehnt wird.
Das geschah am Mittwoch.
Abends durfte die blöde Sonde raus.
Donnerstag bekam ich das erste Mal Nahrung. Flüssigkost, aber immerhin.
Am Samstag sah ich meinen Mann und mein Mädchen das erste Mal wieder. Das gab mir neue Kräfte.
Wir gingen durch den Park, aßen in der Cafeteria ein dickes Stück matschige Torte (da weiß ich, dass nichts hängenbleiben kann 😂). Mein erster Kaffee nach fast einer Woche, der gab mir ordentlich Power. Es waren ein paar wirklich schöne Stunden.
Ab da besuchten mich die Beiden jeden Tag bis zu meiner Entlassung.
Montags wurde noch einmal eine Dilatation durchgeführt.
Dienstag sah ich den Chefarzt, der mir in der Schwangerschaft das Leben gerettet hat.
Er gab mir eine Prognose von 3 Monaten Ruhe. Danach wird es wahrscheinlich wieder zu einem Darmverschluss kommen.
Die Hernie ist das Problem, zusätzlich noch Verwachsungen und natürlich die blöde Position meines Stomas.
Es fühlt sich an als wäre ich eine tickende Zeitbombe. Ticktack. Ticktack. Und irgendwann boooooom.
Deshalb achte ich momentan sehr penibel darauf, ob mein Stoma auch wirklich fördert.
Es läuft alles super und dennoch habe ich große Angst. Jeden. Verdammten. Tag.
Wie es weitergeht?
Vor unserem Sommerurlaub habe ich einen Kontrolltermin bei den Chirurgen. Dort wird geschaut, ob sich das Stoma wieder zusammengezogen hat oder alles so geblieben ist. Damit ich den Urlaub hoffentlich genießen kann und keine Angst haben muss, während dieser Zeit einen erneuten Darmverschluss zu bekommen. Zumindest weniger Angst. Ein bisschen wird wohl immer bleiben.
Dennoch muss eine OP stattfinden. Zeitnah. Auch hier stehe ich schon in den Startlöchern. In Gesprächen mit Chefärzten.
Was genau gemacht werden muss, ist noch nicht ganz klar. Bisher ist eine Neu-Anlage der Stomas und die Entfernung der Hernie (durch ein Netz) geplant. Bis Ende des Monats bin ich hoffentlich schlauer.
Sollte ich bis zum stattfinden der OP wieder Probleme bekommen, werde ich direkt operiert. Dennoch ist eine geplante Operation immer die bessere Wahl. Gerade mit Kind, da muss ja einiges organisiert werden.
Drückt mir die Daumen, dass mein Körper noch ein bisschen durchhält.
Dass ich mit meiner Familie Urlaub machen kann. Denn das habe ich so bitter nötig. Wir alle.
Dass ich nach dem Urlaub entspannt alles vorbereiten kann, um dann operiert zu werden, denn es wird noch anstrengend genug.
Das ist mein Wunsch für die nächsten Wochen.